Projekt Christoph Lundgreen

Lex, ius, mos – aber keine Verfassung?
Normenhierarchie und Metaregeln in der römischen Republik

Ausgangspunkt ist eine Problemstellung, die bei der Arbeit an meiner Magisterarbeit über die Einführung der geheimen Abstimmung in den Volksversammlungen der Römischen Republik auftauchte, nämlich, daß bei dem Versuch verfassungsrechtliche Grundlagen herauszuarbeiten häufig verschiedene „Kompetenzen“ miteinander konkurrierten. Dabei stellte sich die Frage: Welche Regel gilt wann? – eine Frage, die ich gerne in einer Dissertation mit einer Untersuchung der Regelungskompetenzen in Rom vertiefen möchte. Insbesondere sollen Konfliktfälle und ihre „Lösungen“ untersucht werden. Welche Regeln gelten wann und für wen? Und wer entscheidet im Fall konfligierender Regeln – wer hat in Rom die Kompetenz für Metaregeln? Der Begriff von &dbquo;Regel“ wird dabei sehr weit verstanden, z.B. sollen neben durch lex objektivierte Normen auch tradierte Verhaltensnormen des mos maiorum miterfasst werden. Von Interesse ist, unabhängig von der „Herkunft“ von Regeln, der Konfliktfall: der Konfliktfall zwischen Individuen, der mit Berufung auf eine Regel entschieden wird, aber noch mehr der Konfliktfall zweier Regeln, wo entscheidend ist, welche Regel sich durchsetzt, was bei Regelverletzungen geschieht und wie (und durch wen) vielleicht auch neue Regeln geschaffen werden. Dabei ist generell skeptisch zu überlegen, ob man (im Sinne Mommsens) wirkliche Regeln rekonstruieren kann oder ob man auf Grund der Quellenlage nur historische Konstruktionen (einzelner Autoren) rekonstruiert.

Zunächst soll eine „Liste aller Regelkonflikte“ erstellt werden, dieses Material dann durch eine Systematisierung, zumindest nach Thematik, Akteuren, Regeln und „Lösung,“ aufbereitet werden. Dies könnte z.B. für die zweite Wahl von Scipio Aemilianus zum Consulat wir folgt aussehen:

Thema: Konsulwahl
Akteure: Scipio Aemilianus, Wahlleiter, Volkstribune, Senat
Regeln: Volkswahl <––> Iterationsverbot
Lösung: Scipio wird gewählt

Von einer solchen Ausgangsbasis lassen sich sicherlich viele verschiedene Fragen und Probleme verfolgen, die Schwierigkeit wird eher in der Auswahl und der Beschränkung der Fragestellung liegen. Im Einzelnen wären folgende Untersuchungen denkbar:

– Wer darf wen wählen? Vorschriften des Wahlrechts und des cursus honorum.

– Rechtswidrigkeit und Nichtigkeit: Wann sind Regelverstöße ungültig, wann bloß anfechtbar?

– Kann eine Normenhierarchie (re)konstruiert werden? Sind Grundnormen / Metaregeln erkennbar?

– Ausnahmeregelungen und Regelung des Notstandes.

– Vergleich mit anderen Rechtskulturen (vor allem mit England).

– Generell sollte das Verhältnis von Norm und Geltung rechtstheoretisch erörtert werden.

Negative powers und das Problem, einen Beschluss „sicher durchzubringen“.

– Untersuchung des mos maiorum, welches sowohl Bezugspunkt für Regeln ist als auch durch eine gewisse Flexibilität – so eine erste Hypothese – zur Konfliktlösung bzw. Vermeidung von Regelzusammenstößen beigetragen haben könnte.

zur Startseite