Boris Gehrke  
VERFASSUNG UND PARLAMENTARISCHE OPPOSITION IN DER V. FRANZÖSISCHEN REPUBLIK

 

 

"The system of managing the major political conflicts of a society by allowing one or more opposition parties to compete with the governing parties for votes in elections and in parliament is, then, not only modern; surely it is also one of the greatest and most unexpected social discoveries that man has ever stumbled onto."

Robert A. Dahl, 1966

 

I. Einleitung

Im politischen Alltag unseres Kulturkreises wird die Opposition als etwas Selbstverständliches gelegentlich aber auch als etwas Lästiges empfunden. Dass es sich bei ihrer anfänglichen Tolerierung, der späteren Legiti-mierung und ihrer letztendlich dauerhaften Institutionalisierung um eines der "erstaunlichsten und reifsten Erzeugnisse politischer Kultur" (Robert A. Dahl) handelt, wird auf einer nichtwissenschaftlichen Ebene schnell vergessen. Vor dieser Entwicklung ging bzw. in Gegenden der Welt, wo eine solche Entwicklung noch nicht stattfand, geht das Beziehen von Gegenpositionen zur herrschenden Schicht mit der Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einher. Unter anderem deshalb dient Opposition als eine Art "Demokratie-Schnelltest", als Demokratieindikator, weil sie nach westlichem Verständnis ein wesentliches Charakteristikum einer liberalen Demokratie darstellt. Fehlt sie in einem politischen System, dann ist dies ein starkes Indiz, wenn nicht schon der Beweis dafür, dass keine Demokratie vorliegt. Vor diesem Hintergrund soll dazu beigetragen werden, mit dem entsprechenden Analysewerkzeug der grund-legenden Bedeutung von Opposition im Allgemeinen sowie für die V. französische Republik im Besonderen gerecht zu werden.

 

II. Zielsetzung und Fragestellung

Zunächst soll die "Idee der (parlamentarischen) Opposition" nachgezeichnet werden, d.h. ihre Ursprünge so-wie ihre Entwicklung, die sie in Frankreich genommen hat. Nach dieser grundlegenden Einführung stellt die Parlamentsreform und die damit verbundene Verfassungsän-derung von 1995 den zentralen Bezugspunkt der Arbeit dar, mit der auch Modifikationen im Unterverfas-sungsrecht einhergingen, v.a. in der Geschäftsordnung der französischen Nationalversammlung. Ihre Zielset-zung war u.a. eine Stärkung des Parlaments, das im französischen Regierungssystem eine relativ schwache Stellung einnimmt. Unter Berücksichtigung dieser rechtlichen Änderungen soll die Auswirkung auf den poli-tischen Status der parlamentarischen Opposition - oder abstrakter ausgedrückt: auf das entsprechende Ver-hältnis von Norm und Faktizität - umfassend untersucht werden. Dieser vergleichende Ansatz führt zur folgenden Leitfrage: Haben sich nach der Parlamentsreform und der mit ihr einhergehenden Verfassungsänderung von 1995 die Rahmenbedingungen der Oppositionsstrategie von einer stark kompetitiven Opposition hin zu einer stärker kooperativen Tendenz entwickelt? Es ist in diesem Zusammenhang zu untersuchen, ob es zu einer Stärkung im Vergleich zur Periode seit 1958 kam und inwie-weit diese - falls vorhanden - auch auf die Rechtsänderungen zurückzuführen ist oder ob bzw. inwieweit an-dere Faktoren - z.B. Änderungen im Parteiensystem oder ein möglicherweise unterschiedliches Oppositions-verständnis von "Rechts" (IX. Wahlperiode) oder "Links" (X. Wahlperiode) - dazu beigetragen haben. Im Hauptteil der Dissertation besteht das Erkenntnisinteresse darin, den normativen sowie realpolitischen Status der parlamentarischen Opposition in Frankreich genau zu analysieren. In diesem Zusammenhang ist festzustellen, dass es in der Oppositionsforschung im Allgemeinen, insbesondere aber auf die französischen Verhältnisse bezogen, noch große wissenschaftliche Defizite gibt. Dies steht in starkem Gegensatz sowohl zur herausragenden demokratie-theoretischen Bedeutung der Opposition, wie sie in der Einleitung aufgezeigt wird, als auch zu ihrer praktischen Wichtigkeit, gerade wenn man sich die seit 1981 regelmäßigen Regie-rungswechsel in Frankreich vergegenwärtigt. Als Exkurs ist noch ein Vergleich zwischen der parlamentarischen Opposition in Frankreich und den entspre-chenden Verhältnissen in Deutschland vorgesehen. Unter Zugrundelegung der Vorgehensweise des ersten Teils sollen die jeweiligen Unterschiede oder Gemeinsamkeiten herausgearbeitet werden.

 

III. Inhaltliche Zusammenfassung

Der erste größere Abschnitt der Arbeit erfordert die durch das Recht vorgegebenen Instrumente sowie die realpolitischen Möglichkeiten der parlamentarischen Opposition vor 1995 herauszuarbeiten. Dazu soll - ähn-lich einer deduktiven Annäherung an den Untersuchungsgegenstand - vom Allgemeinen auf das Besondere gehend vorgegangen werden. Vor diesem Hintergrund sollen im Rahmen einer ausführlichen theoretischen Einleitung u.a. die ideenge-schichtliche Entwicklung und Bedeutung der Opposition herausgestellt und notwendige begriffliche Klärun-gen vorgenommen werden. Daran schließt sich eine Darstellung über den Stand der Oppositionsforschung an. Im nächsten Schritt wird der Ansatz dann konkretisiert, d.h. die Stellung der parlamentarischen Opposition in der V. Republik ist zu analysieren. Hier sind nach den geschichtlichen insbesondere die verfassungsrechtli-chen und politischen Rahmenbedingungen darzustellen, womit ein Überblick über die wichtigsten Eckdaten und Zusammenhänge geschaffen wird. Hier zeigen sich auch die Besonderheiten des französischen Regie-rungssystems, die in besonderem Maße im Verhältnis von Exekutive zur Legislative liegen, d.h. dem sog. "rationalisierten Parlamentarismus" . Seine Auswirkungen auf die Opposition sind "en detail" zu untersuchen. Außerdem werden weitere ausschlaggebende Determinanten zu durchleuchten sein, wie z.B. das Verhältnis der Exekutive zur Opposition oder die Auswirkungen des Wahl- und Parteiensystems. Aufgrund ihrer beson-deren Bedeutung für die Opposition und die Verfassung an sich, wird der französischen Verfassungsgerichts-barkeit, also dem Verfassungsrat, besondere Beachtung geschenkt. Weiterhin ist die außer- und vorparlamentarische Aktionsebene der Opposition mit in die Betrachtungen ein-zubeziehen. Dazu zählen v.a. die Massenmedien, die Parteien außerhalb des Parlaments sowie andere Interes-sengruppen, aber auch die in Frankreich so typischen "Aktionen der Straße". In einem letzten Schritt sollen dann die prägenden Strukturen oppositionellen Handelns herausgearbeitet wer-den. Dazu wird die IX. Legislaturperiode von 1988 bis 1993 exemplarisch einer sehr genauen Untersuchung unterzogen, d.h. die einzelnen, im vorangegangenen Teil analysierten Aktionsmöglichkeiten werden konkret im Rahmen einer empirischen Untersuchung zusammengetragen. Eine Ausdehnung auf mehrere Legislaturperioden vor 1995 bei einer gleichen Untersuchungsdichte würde die Arbeit zu umfangreich werden lassen. Für eine solche "exemplarische Einschränkung" sprechen auch noch andere triftige Gründe. Zum einen legt der Titel der Dissertation, der sich auf die parlamentarische Opposition bezieht, nahe, sich zunächst auf die parlamentarische Aktionsebene zu beschränken. Ein wichtiges Charakte-ristikum der IX. Legislaturperiode ist, dass es sich nicht um eine sog. Kohabitationsphase handelt, also parla-mentarische und präsidentielle Mehrheiten nicht aus entgegengesetzten politischen Lagern kommen, was zwi-schen 3/86 - 6/88, 6/93 - 5/95 und 6/97 - 5/2002 der Fall war. Während einer Kohabitation gehört der Präsi-dent parteipolitisch - zumindest einem Teil - der oppositionellen parlamentarischen Kräften an. Letztere er-halten also einen "exekutiven Mitspieler", der zudem noch durch seine Direktwahl eine besonders starke de-mokratische Legitimation "mitbringt" und im Rahmen der Analyse in vielfacher Hinsicht berücksichtigt wer-den müsste, was den Rahmen der Untersuchung jedoch sprengen würde. Um die Eingrenzung auf eine "rein parlamentarische Opposition" (also ohne exekutive Elemente) beizubehalten, war also eine Kohabitationspha-se zu vermeiden. Vor diesem Hintergrund ist die IX. Wahlperiode auch insofern die günstigste, als dass sie zeitlich möglichst nahe an der Verfassungsänderung von 1995 liegt. Nach einer Zusammenfassung der Zwischenergebnisse für die Zeit vor 1995 beginnt der zweite Teil. Metho-disch wird hier wiederum analog zum ersten Teil gearbeitet. Es werden zunächst die rechtlichen Änderungen, die mit der Parlamentsreform von 1994/95 einhergingen, ausführlich dargestellt. Im Anschluss daran wird im Schwerpunkt der Teil der X. Legislaturperiode von 1995 bis 1997 untersucht, in dem es - durch die 1995er Präsidentschaftswahl - wieder eine kohärente Mehrheit wie zwischen 1988 und 1993 gab. Für diesen Zeit-raum werden die gleichen Untersuchungen durchgeführt wie für den ersten. Aufgrund der ähnlichen Struktu-ren der aktuellen XII. Legislaturperiode - beispielsweise der konservativen Mehrheit, Chirac als Staatspräsi-dent, ähnliche "parteipolitische Mehrheitsverhältnisse" im Verfassungsrat - können auch aus Sessionen, die im Laufe der Arbeit enden, mit in die angestrebten Untersuchungen eingezogen werden. Von der zeitlichen Arbeitsabfolge her gesehen sind bis zu diesem Zeitpunkt alle verfügbaren Quellen und die Sekundärliteratur ausgewertet und ich werde einen umfassenden Überblick über die verfassungsrechtliche und politische Situation der V. Republik haben. Da jedoch, wie erläutert, genaue Analysen über die Stellung und Rolle der Opposition nicht vorhanden sind, sollen die bis dato gefundenen Ergebnisse durch eine Abgeordne-tenbefragung überprüft, angereichert oder gegebenenfalls modifiziert werden. Ziel wird es sein, zum einen über Fragebögen, zum anderen über persönlich von mir zu führende Interviews möglichst viele Abgeordnete, sowohl der Mehrheit als auch der Opposition, aus den schwerpunktmäßig untersuchten Wahlperioden - in zweiter Linie aber auch aus anderen - systematisch zu allen relevanten Punkten zu befragen, die ausgehend von der "konstitutionelle Leitidee" bis hin zum alltäglichen Politikbetrieb den Status der Opposition vor und nach 1995 betreffen. Der zweite Teil soll dann mit einem ausführlichen Ergebnis des Vergleichs der beiden Zeiträume beschlossen werden, womit die primäre Fragestellung beantwortet sein wird. Als Exkurs ist, wie oben schon angesprochen, noch ein - unter den gleichen Vorzeichen der ersten beiden Teile stehender - Vergleich der parlamentarischen Opposition in Frankreich mit der bundesrepublikanischen Situation geplant. Hier sollen Unterschiede (z.B. die föderale Ordnung als zusätzliches Instrument der Opposi-tion oder unterschiedliche Ausprägung von Minderheitsrechten etc.) oder Gemeinsamkeiten (in der Verfas-sung wird die Opposition nicht ausdrücklich genannt, die Verfassungsgerichtsbarkeit als ein oppositionelles Instrument, zeitweise ähnliche kompetitive oder kooperative Strategien etc.) herausgearbeitet werden.

 

IV. Stand der Forschung und Quellen

1. Stand der Forschung

Im folgenden Abschnitt soll ein Überblick über die thematisch wichtigsten Werke, die sich mit der Opposition in Frankreich beschäftigen, gegeben werden. Insgesamt kann man auf das in "Zielsetzung und Fragestellung" (II.) schon dargestellte Ergebnis verweisen: es hat in der wissenschaftlichen Literatur noch keine ausgiebige Beschäftigung mit diesem Thema stattgefunden. D. GRANJON (L'opposition), A. GROSSER (Nothing but opposition), R. MACRIDIS (Wandel des Regierungssystems - Wandel der Opposition?), S. GIULJ (Le statut de l'opposition en Europe) beschäftigen sich mit verschiedenen Aspekten der Opposition und sind für ein Hintergrundverständnis sehr hilfreich. Da sie jedoch alle vor Anfang der 80er Jahre geschrieben wurden, können sie neueren Entwicklungen nicht Rechnung tragen - wenn man nur als ein Beispiel die "alternance" von 1981 bedenkt, bei der erstmals ein sozialistischer Präsident an die Macht gewählt wurde, was dann die sog. "zweite Phase" der V. Republik einläutete, in der es zu vielen und weitreichenden Veränderungen kam. A. KIMMEL befasst sich in mehreren Arbeiten mit französischen Themen. Im vorliegenden Zusammenhang ist v.a. seine Habilitationsschrift von 1983 und die französischsprachige, aktualisierte Ausgabe von 1991 mit dem Titel "Die Nationalversammlung in der V. französischen Republik" interessant. Die parlamentarische Opposi-tion wird an mehreren Stellen mit in die Betrachtung einbezogen. Der untersuchte Zeitraum endet jedoch mit der VII. Legislaturperiode, also 1986, vor den hier relevanten Perioden. 1990 erschien der Aufsatz "Alles andere als (parlamentarische) Opposition - Über die Grenzen der Opposition im politischen System Frankreichs" von C. LEGGEWIE. Nach einer kurzen historischen Einleitung fragt er insbesondere danach, ob sie im internationalen Vergleich nach "Bedeutung und Effizienz [...] auf der Höhe der Zeit" ist. Hier zeigt er, warum die parlamentarische Opposition in der V. Republik seiner Ansicht nach so schwach ausgestattet und institutionalisiert ist. Einen größeren Teil seiner Ausführungen widmet er der ersten Kohabitationsphase 1986 - 1988, die keinen unmittelbaren Gewinn für die vorliegende Arbeit enthält. Die zum damaligen Zeitpunkt "noch junge" IX. Legislaturperiode (= 1. Referenzperiode der Dissertation) wird nur in einem Absatz angeschnitten. Von der Themenstellung kommt ein Aufsatz von B. OERTEL der hier vorliegenden Arbeit relativ nahe. Sie beschäftigte sich 1991 mit der Regierungsmehrheit und Opposition in der V. Republik, bei einer weitgehenden Beschränkung auf die 80er Jahre, über die sie einen eher allgemeinen Überblick gibt. Ihr zeitlicher Schwer-punkt endet 1988, da sie den 1. Referenzzeitraum (bis 1993) noch nicht abschließend würdigen konnte. D. CHAGNOLLAUD und J.-L. QUERMONNE beschäftigen sich in ihrem 2000 erschienen vierbändigen Werk: "La Ve République" im Rahmen des Parteiensystems in einem kurzen Unterkapitel mit der Herausbildung einer strukturierten Opposition. Nach geschichtlichen Hintergründen gehen sie kurz auf ihre Institutionalisie-rung ein. Es werden einige oppositionelle Instrumente angeschnitten, jedoch nur sehr oberflächlich. Ergän-zend können allerdings noch andere Kapitel aus den verschiedenen Bänden herangezogen werden, aus denen man dann anhand allgemeiner Ausführungen entsprechende Rückschlüsse für die Opposition ziehen kann. Den aktuellsten Beitrag in deutscher Sprache findet man im Buch von L. HELMS "Politische Opposition", das im November 2002 erschienen ist. In dem Abschnitt, den er Frankreich widmet, werden hilfreiche Hinter-grundinformationen zur aktuellen Lage geboten. Auch der vergleichende Ansatz, den das Buch insgesamt wählt und auch die Bundesrepublik Deutschland einschließt, wird für den Exkurs interessant sein. Es werden jedoch in weiten Teilen andere Analysemaßstäbe gewählt, da sich der Autor mit "politischer" und nicht "par-lamentarischer" Opposition im engeren Sinne beschäftigt, so dass in dem relevanten Teil über Frankreich, der rund 30 Seiten beträgt, viele Ansätze verfolgt werden, die für das vorliegende Projekt nicht im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen.

 

2. Quellen

Ein Großteil der Quellen ergibt sich notwendigerweise aus der Themenstellung. So sind Rechtstexte wie Ver-fassung, Geschäftsordnung sowie sonstige relevante Gesetze und Verordnungen selbstverständliche Grundla-gen. Auch offizielle Dokumente wie z.B. die Drucksachen der Nationalversammlung, v.a. die Statistiken des "Bulletin de l'Assemblée Nationale" sowie Stenographieberichte sind unerlässliche Recherchegrundlage. Darüber hinaus wird die nur sehr lückenhaft vorhandene wissenschaftliche Literatur zu berücksichtigen sein. Der aktuelle Bezug erfordert auch die Berücksichtigung von Medienberichten. Sie sind in doppelter Hinsicht relevant. Zum einen zur Ermittlung der allgemeinen politischen Lage, zum anderen wegen der medialen Ef-fekte der Oppositionsarbeit. Aus Gründen der beschränkten Kapazität soll v.a. le Monde im Fokus der Analy-se stehen, soweit notwendig aber auch andere Zeitungen berücksichtigt werden. Ein weiterer wichtiger Be-standteil werden die - schon angesprochenen - Fragebögen und Interviews mit Regierungsmitgliedern sowie Abgeordneten darstellen.

 

V. Bezug zum EGK

Es geht im vorliegenden Projekt "Verfassung und parlamentarische Opposition in der V. französischen Repu-blik" entsprechend dem zentralen Anliegen des EGK um die Erforschung institutioneller Ordnungen. Den methodischen Rahmen des EGK bildet die institutionelle Analyse - wie sie für den SFB 625 entworfen wurde. Dort wird davon ausgegangen, dass die Stabilisierung jedweder kultureller Formation - zu der natür-lich auch die parlamentarische Opposition als eine spezielle Ausprägung zählt - auf der Durchsetzbarkeit ihrer Geltungsansprüche und auf der zeitlichen Verstetigung ihrer spezifischen Handlungs- und Kommunikations-muster beruht. Die Durchsetzbarkeit der Geltungsansprüche von parlamentarischer Opposition wird in einem Kapitel über die ideengeschichtliche Entwicklung mitbehandelt. Zum anderen wird das Moment der zeitlichen Verstetigung der Handlungs- und Kommunikationsmuster der parlamentarischen Opposition betrachtet: Es werden die großen Linien seit 1958 nachgezeichnet, um dann ein besonderes Augenmerk auf die Parlaments-reform der Jahre 1994/95 und der damit verbundenen Verfassungsänderung zu richten. Hier wird - wie es sich in der Leitfrage wiederspiegelt - v.a. das strategische Verhalten untersucht. Sie wirft u.a. die Frage nach den Aspekten der Kontextualität, den kommunikativen Prozessualität und der mit Ihr verbundenen Medialität der untersuchten institutionellen Ordnung, d.h. der parlamentarischen Opposition auf - Aspekte, die im Rahmen des EGK-Ansatzes einen besonderen Stellenwert haben. Es werden die spezifische Formgebung der parlamen-tarischen Opposition, ihre Entwicklung und damit ihre Geltung angesprochen. Mit anderen Worten - und in Anlehnung an den Fortsetzungsantrag des EGKs - geht es v.a. um Rolle, Stellenwert, Selbstverständnis sowie Eigengeschichte der parlamentarischen Opposition. Wichtige Aspekte, die dem Teilprojekt G "Die Entwick-lung politischer Institutionen und die Vielfalt der Verfassungskulturen in Europa" zugrunde liegen, werden folglich als Analysemaßstäbe aufgegriffen. Da eine der wichtigsten Grundlagen der Arbeit die Verfassung und ihre Konkretisierungen in Bezug auf die parlamentarische Opposition auf anderen Normebenen und v.a. in der politischen Wirklichkeit sind, steht ein spezifischer Ausschnitt der französischen Verfassungskultur im Mittelpunkt. Es geht somit um einen Schwer-punkt des Teilprojekts G, d.h. konkret um den Zusammenhang der politischen Institution "parlamentarische Opposition" und den angedeuteten Aspekten der französischen Verfassungskultur. Im Hinblick auf den Fortsetzungsantrag des EGK und das Teilprojekt G sei der Vollständigkeit halber ange-merkt, dass - aufgrund der Themenstellung natürlich mehr oder minder automatisch - auch noch andere "Teilaspekte des Projekts G" gestreift werden. So geht es auch um die Entwicklung des öffentlichen Rechts, zu dem natürlich sowohl das Verfassungsrecht, als auch das Parlamentsrecht gehören wie auch um die Ent-wicklung und Formgebung von Vertretungskörperschaften. Durch den Exkurs wird zudem ein vergleichendes Moment bzgl. der Verfassungskulturen und Institutionen hineingebracht.